Kapitel

6. Der Wasserfall des Wissens

In der zweiten Nacht hatte ihm Ronny noch ein wenig mehr über die Hintergründe des Virus erzählt. Georg war zwar klar gewesen, dass das Virus aus der Fledermaussuppe kam, und dass die Chinesen die Fledermaus in die Suppe gesteckt hatten. Doch wer hatte das Virus in die Fledermaus gesteckt? Hier wurde es kompliziert und so mussten sie beide kräftig ihre Atemwege und Hirne desinfizieren. Nachdem die Flasche Wodka leer war, ging es an die Schnaps-Bestände. Ein Optimist würde sagen: der Alkoholvorrat war nun noch ein Viertel voll.

Gebannt lauschte der Corona-Man dem Vortrag des zukünftigen glorreichen Vorsitzenden von Neu-Deutschland – was für eine Ehre. Das geballte Wissen schien sich über ihn zu ergießen wie ein schäumender Wasserfall. Er versuchte sich trotz seines gehobenen Promillewertes mit Tendenz in Richtung Prozent so viel wie möglich zu merken. Später einmal könnte er all dies niederschreiben in einem wegweisenden literarischen Meisterwerk für die Massen. Wie das rote Buch von Mao Zedong, „Mein Kampf“ von Hitler oder „Ich bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling. Das wäre seine Rolle in diesem Heldenepos; Zeitzeuge am schicksalsträchtigen Wendepunkt der Geschichte. Der Corona-Man, loyaler Begleiter des großen Vorsitzenden auf seinem Weg an die Spitze. Gemeinsam allen Gefahren trotzend, einer mit der Walther in der Hand, der andere mit dem Kugelschreiber. Im Hintergrund seines Kopf-Kinos lief jetzt „Hells Bells“ von ACDC. Mist, er hatte die ersten Minuten des Vortrages verpasst, jetzt aber volle Konzentration.

Ronny war gerade bei der Rolle des US-Militärs angelangt. Dieses hatte das Virus in einem geheimen Forschungslabor gezüchtet und dann während der „World Military Games“ im Oktober 2019 nach Wuhan gebracht. Dort wurde das Virus über den Umweg der Fledermaus auf die Bevölkerung losgelassen. Doch das war nicht alles: Die Wellen der neu-installierten 5G-Netze sabotierten das Immunsystem des menschlichen Körpers und schafften Einfallstore für das neuartige Virus, wobei genau in China die 5G-Dichte am größten war! Ronny konnte dies alles auch mit entsprechenden Homepages, Youtube-Videos und Facebook-Beiträgen belegen. Georg erschrak, denn er wusste, dass das Internet nicht log. Quasi vor aller Augen hatte sich diese von langer Hand geplante Kampagne abgespielt. Die Ziele dahinter waren auch klar: Die Erschaffung einer neuen Weltordnung, da die Vereinigten Staaten sich im Zuge der Globalisierung immer schwerer gegenüber anderen Systemen, insbesondere China, behaupten konnten. Mit 5G-Blockern ausgestattet, könnten sie wieder die unangefochtene Nummer 1 werden, auch wenn dies den Zusammenbruch vieler anderer Länder bedeuten würde. Auch in den USA würde nur eine kleine eingeweihte Gruppe die Krise überstehen – dieselbe Gruppe, die hinter der ganzen Sache steckte – die jesuitischen Freimaurer-Juden. Dies war wiederum keine Überraschung für Georg, kamen sie doch so sicher in einer Theorie von Ronny vor, wie das Prost in einer Bar. Unterstützt wurde dies alles von gezielten Desinformations-Kampagnen. So war den meisten Deutschen in dieser ansonsten hypersensiblen Gender-Kultur nicht mal klar, ob es „der“ oder „das“ Virus hieß. „Denk mal darüber nach“, schärfte ihm Ronny ein. „Wenn die sogar verheimlichen können, ob es sich beim Virus um Männlein oder Weiblein handelt – was für Geheimnisse noch im Dunklen verborgen liegen. Ich sage nur … Bielefeldt.“

Von den jesuitischen Freimaurer-Juden in den USA über die Fledermaus in China bis Bielefeldt war es geographisch und intellektuell ein weiter Weg, den Georg, der Corona-Man, mit Hilfe eines weiteren Kirschbrands erst einmal verarbeiten musste. In all den Jahren hatte er ein ganz normales Leben geführt, während verborgene Mächte die Welt umbauten. Er hätte viel früher vom Ozean der Wahrheit kosten müssen, den Ronnys Wissen darstellte. Er fühlte sich wie dieser Blinde, der von Jesus (oder war es der Weihnachtsmann?) sein Augenlicht geschenkt bekommen hatte. Nur viel betrunkener und etwas pessimistischer. Seine Gedanken kreisten und er hatte noch viele Fragen: Können Jesuiten gleichzeitig Juden sein? Warum der Umweg über eine Fledermaus? Warum hieß es nicht „die“ Virus – waren die Feministinnen etwa auch involviert?  Warum gab es so wenig Widerstand, wenn die Fakten und Beweise öffentlich im Netz zugänglich waren? Und warum fehlte ihm seine Familie?

Morgen würde er sein Witze-Buch zur Seite legen, und mit seinen „Corona-Chroniken“ beginnen; sein Vermächtnis an die Nachwelt.

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